Australien führe einen Stellvertreterkrieg von globaler Tragweite, verkündete Ende Februar der dortige Finanzminister Josh Frydenberg, die ganze Welt blicke auf seinen Kontinent. Und tatsächlich hatte das Kräfteringen zwischen der liberal-konservativen Regierung in Canberra und den Techkonzernen des Silicon Valley internationale Bedeutung. Denn als erstes Land wollte Australien Google und Facebook per Gesetz dazu zwingen, ihre Werbeeinnahmen mit den traditionellen Medienunternehmen im Lande zu teilen.
Das am 24. Februar verabschiedete Gesetz sieht in der Tat ebendies vor. Gleichzeitig aber räumt die Regierung den Techkonzernen das Recht ein, bis spätestens Ende April eigene Vereinbarungen mit den Verlagen auszuhandeln. Damit ist es den Konzernen gelungen, ein mit dem neuen Kodex geplantes Schiedsverfahren, das ihre Macht erheblich beschnitten hätte, faktisch auszuhebeln. Der australische „Stellvertreterkrieg“ erbringt damit einmal mehr den Beweis, dass in Fragen der Regulierung nicht die Nationalstaaten, sondern die Internetkonzerne am längeren Hebel sitzen. Und da der Scheinsieg der australischen Regierung obendrein nun global Schule macht, hat diese dem Journalismus wie der Demokratie letztlich einen Bärendienst erwiesen. Wie aber konnte es – angesichts der lautstarken Ankündigung der australischen Regierung – zu dieser verhängnisvollen Niederlage kommen?
Tatsächlich treibt der Streit, der die australische Öffentlichkeit monatelang in Beschlag nahm, die globale Medienbranche seit über zehn Jahren um. Im Zentrum steht die Kritik der Verlage, dass Suchmaschinen und soziale Netzwerke von deren Produkten profitieren, indem sie kostenfrei auf Nachrichteninhalte verlinken oder diese zirkulieren lassen.
Die Medienhäuser sehen sich damit gleich zweifach benachteiligt, weil auch ihre Anzeigenkunden scharenweise zur digitalen Konkurrenz abgewandert sind. Konnten Zeitungsverlage im Jahr 1998 – also kurz nach dem Start von Googles Suchmaschine – noch fast die Hälfte der weltweiten Werbeausgaben für sich verbuchen, ist dieser Anteil seitdem kontinuierlich auf nunmehr acht Prozent geschrumpft. Insgesamt vier Fünftel des Werbekuchens gehen heute stattdessen an Facebook (28 Prozent) und an Google (53 Prozent).
Zwar entgegnet Facebook auf solche Anschuldigungen stets, dass es seine Nutzerinnen und Nutzer allein im vergangenen Jahr rund 180 Mrd. Mal auf die Webseiten von Nachrichtenverlagen weitergeleitet habe; auf rund neun Mrd. US-Dollar schätzt das Unternehmen den Wert dieses Traffics. Und auch Google betont, dass es in dem eigenen News-Angebot nur kurze Textauszüge, sogenannte Snippets, einblende und keine Anzeigen schalte. Um die Artikel in ganzer Länge zu lesen, müssten die Nutzer hier ebenfalls auf die Webangebote der Verlage zugreifen.
Allerdings verschweigen die Konzerne dabei mindestens zweierlei: Erstens kommen die meisten Verlage schon lange nicht umhin, selbst Anzeigen in den sozialen Netzwerken und Suchmaschinen zu schalten. Nur so können sie im erbitterten Kampf um die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer überhaupt noch bestehen. Und zweitens stellt bereits das Anzeigen von Snippets einen Eigenwert dar, etwa wenn sich Nutzer nur oberflächlich über die aktuellen Schlagzeilen informieren. Ein Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Parteien ist somit dringend erforderlich
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