Facebook: Mit Libra mal kurz die Welt retten?

„Facebook will reguliert werden!“ Das verkündete Nick Clegg überraschend während eines Besuchs Ende Juni in Berlin. Vor Studierenden der Hertie School of Governance mahnte der Vize-Kommunikationschef von Facebook – und ehemalige stellvertretende britische Premierminister –, eine strengere Kontrolle sei „nicht die Aufgabe privater Unternehmen, wie groß oder klein auch immer sie sein mögen.“ Die Zuständigkeit dafür liege vielmehr bei „demokratischen Politikern in der demokratischen Welt“.

Man hörte und staunte. Offenbar will Facebook, indem es sich nachdrücklich zu Konzessionen bereit erklärt, die massive Kritik entkräften, die der Konzern derzeit erntet – wegen zahlloser Datenskandale, der Verbreitung von Fake News und Hassnachrichten sowie des allzu sorglosen Umgangs mit Nutzerdaten. Eine zunehmende Zahl an Politikern in den USA wie auch in der EU bezweifelt inzwischen, dass der Riesenkonzern überhaupt noch gezähmt werden kann, und denkt laut über dessen Zerschlagung nach.

Vor diesem Hintergrund war es wohl auch klüger, dass Clegg in seinem Vortrag kein Wort über Facebooks neueste Pläne verlor. Nur wenige Tage zuvor hatte nämlich sein Chef Mark Zuckerberg der Weltöffentlichkeit „Libra“ präsentiert, eine neue digitale Währung. Sie soll „das Geld neu erfinden“ und zu dem Bezahlmittel im Internet werden – eine Währung, die „wahrhaft global, stabil und sicher“ ist.

Mit der Libra-Einführung würde sich ein lang gehegter Zukunftstraum der Tech-Industrie erfüllen. Sie tüftelt zum einen schon lange und erfolglos an einem alternativen Bezahlmittel im Netz. Kryptowährungen wie Bitcoin haben sich wegen enormer Kursschwankungen und Sicherheitsprobleme bislang nicht durchsetzen können. Zum anderen fußt Zuckerbergs Plan auf einer libertären Ideologie, die insbesondere im Silicon Valley weit verbreitet ist: Sie misstraut grundsätzlich staatlichem Handeln und setzt stattdessen auf „smarte“ technologische Produkte, die komplexe gesellschaftliche Probleme lösen sollen. Allerdings birgt insbesondere eine von Konzernen kontrollierte Digitalwährung immense Risiken: Sie droht nicht nur den Datenschutz weiter auszuhebeln, sondern untergräbt vor allem auch die Hoheit der Zentralbanken und damit die Geldpolitik der Staaten.

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